"Wie es Leute gibt, die
Bücher wirklich studieren und andere, die sie nur durchblättern, gibt es
Reisende, die es mit den Ländern ebenso machen: sie studieren sie nicht, sie
blättern sie nur durch." Fernandino Galiani
(1728-87)
Ich will nicht nur in Mexikos vielfältigen Seiten
blättern, ich will sie an einer der
größten und bedeutendsten Universitäten Iberoamerikas in "México D.F." studieren, der National-Autonomen Universität von Mexiko.
Die Reichtümer Mexikos lassen sich nur schwer in Worte
fassen. Mit seinen Gegensätzen bietet es ein
nicht nur ein landschaftliches und klimatisches Spektrum von enormer
Bandbreite, auch die ethnographischen Merkmale, Sitten, kulturelle Ausprägungen
und das Aussehen der Menschen variieren von Region zu Region.
In der einstigen Aztekenhauptstadt und heutigen Megalopolis
des Hochlands habe ich großes vor. Sie
scheint mir ein kaleidoskopisches Kunstwerk aus fesselnden Museen, kulinarischen Abenteuern und purer Kultur zu sein, über die der Adler mit einer Schlange im Schnabel kreist. Besondere Fazination üben die Olmekische-, Teotihuacan-, Maya-, Tolteken und die Mexica-Kultur auf mich aus. Im Zusammenhang mit diesen Kulturen möchte ich mich intensiver mit den 31 UNESCO Weltkultur- und Weltnaturerbestätten befassen.
Als ich bei meiner Recherche für
eine potentielle Universität meines Auslandssemesters auf die UNAM stieß,
verliebte ich mich sofort in sie. "Por mi raza hablará el espíritu", („Aus meiner Rasse wird der Geist sprechen“, José Vasconcelos, was für ein kraftvoller Leitspruch, der die Nationale Universität beflügelt! Ein mitschwingendes Gemeinschaftsgefühl nach langer Zeit der Unterdrückung, "das den Stolz ihrer Tradition, die akademische Vortrefflichkeit und den Reichtum ihrer Kultur ausdrückt".
Mit dem Profil der Universität und
deren Arbeitsfeldern wie, "dem Dienst am Land und an der Menschheit, der
Ausbildung von Akademikern zum Nutzen der Gesellschaft, der Organisation und
Durchführung von Forschungsarbeit, die sich vor allem mit den nationalen
Gegebenheiten und Problemen befasst, sowie der größtmöglichen Verbreitung der
Kultur", kann ich mich sehr gut
identifizieren.
Das Kursangebot ist wie eine "Piñata", voll mit einer
breitgefächerten Auswahl für Kulturwissenschaftler. Besonders interessiert bin
ich an der „Facultad de Ciencias Políticas y Sociales“, woran die Kurse „Trabajo
Social“ und „Relaciones Internacionales“
des ersten akademischen Grades (Licenciatura) anknüpfen. Außerdem weckte
auch „Licenciatura en Ciencias de la Comunicación“, mit Schwerpukt auf
Journalismus, mein Interesse.
Zudem hoffe ich, die Kurse „Estudio Latinoamericanos“ und
„Diseño y Comunicacion Visual“ mit dem Unterfach „Artes Visuales“ der Fakultät
„Humanidades y las Artes” besuchen zu dürfen.
Für mich ist die mexikanische Kunst in ihren Facetten eines
der schönsten Geschenke an die Welt!
Ich hege den tiefen Wunsch, mich
mehr mit einer meiner Lieblingskünstlerinnen, Frida Kahlo, auseinanderzusetzen.
Sie identifizierte sich sehr mit ihrer Heimat und änderte ihr Geburtsjahr auf
1910, dem Jahr der Mexikanischen Revolution, weil sie hervorheben wollte, dass
ihr Leben mit dem „Neuen Mexiko“ begann. Frida und ihr Mann Diego Riveras
teilten beide dieselbe politische Meinung. Das "Museo Dolores Olmedo" beherbergt die wohl weltweit größte Privatsammlung von Werken und vermittelt
die Weltsicht beider Künstler. Dort und im wichtigstem Kulturhaus Mexikos, "Palacio de Bellas Artes", möchte ich unter der Berücksichtigung ihrer
damaligen politischen Überzeugung, vor allem seine "Murals" (Wandmalereien)
näher beleuchten.
Nachdem ich 2010 durch viele
Länder (Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien und Brasilien) Lateinamerikas
gereist bin und in Caracas "Barrios"(Ghettos) arbeitete, zieht es mich nun nach
Mexiko. In diesem atemberaubenden Land ist Platz für viele Wunder, jedoch leider auch für allgegenwärtige Probleme
aus Drogen, Dollar und Depressionen.
Ich suche bewusst die empirische
Auseinandersetzung mit der Jugendkriminalität und der Jugendkultur. Motiviert
durch meine Linguistik-Vertiefung „Erhebung, Transkription und Auswertung
gesprochener Sprachen“, möchte ich mich
mit der Spezifik der Jugendsprache in den Brennpunkten in Form von Interviews
auseinandersetzen. Dafür habe ich vor,
mich mit dem promovierten Soziologen Hector Castillo zu treffen, der in der
Millionenstadt eine einjährige Feldstudie durchführte und 1500 Gangs ausfindig
machte. Er gründete das Jugend- und Kulturzentrum "Circo Volador" oder auch "Flying Circus", der Name einer britischen Bomberstaffel im zweiten Weltkrieg. Mit seiner Initiative will er jedoch das Gegenteil von Zerstörung
erreichen. Er eröffnet jugendlichen Gangmitgliedern und Straßenkindern neue
Lebensperspektiven und Arbeitsmöglichkeiten.
Durch die Vorlesung „Einführung in
die empirische Forschung der Sozialwissenschaften“ und der Sitzung des
Professors und Ethnologen W. Schiffauer fühle ich mich gut vorbereitet, eine
kleine Feldstudie zum immateriellen Kulturgut, dem faszinierenden Totenkult
Mexikos, durchzuführen. Statuen, Tattoos, Skelettsymbole: Viele Menschen in
Mexiko suchen Zuflucht bei neuen Kult-Idolen. Dort, wo Angst regiert, wird
sogar der Tod zum Schutzpatron. Ich will wissen was es zum Beispiel mit den
Gegenständen auf dem Altaren, wie „Cempasúchil“ (eine Art Ringelblume), „Calaveras“ (Totenköpfe aus Zucker), „Pan de muerto“ (Brot der Toten),
Heiligenbilder, Essen, Früchten, Süßigkeiten auf sich hat. Mich interessiert
wie der, vom 1. bis 2. November landesweit gefeierte, „Día de los Muertos“(„Tag
der Toten“) gefeiert wird und warum er kein Trauertag, sondern als ein Tag der
liebevollen Erinnerung an die Verstorbenen gilt.
Inspiriert von meiner
Ringvorlesung zu dem mir am Herzen liegenden Thema, Nachhaltigkeit, habe ich
mir vorgenommen, das zukunftweisende Projekt „Bioplaneta“ auf mich wirken zu
lassen und mich mit dem Social Entrepreneur Hector Marcelli zu treffen. Er hat
über viele Jahre das „Bioplaneta“ Netzwerk aufgebaut, dass für kleine
Produzenten in ganz Mexiko als Vertriebspartner, Bildungseinrichtung und
Wissenspool arbeitet.
Das Studium an der UNAM hat bei mir natürlich
obersten Stellenwert. Die genannten Vorhaben würde ich nur realisieren, wenn
das Studium es zeitlich zulässt. Ein Auslandsaufenthalt ist die Praxis des
Kulturwissenschaftsstudiums. Für mich wäre ein Semester in Mexiko eine absolut
bereichernde und wertvolle Erfahrung.